Am Samstag, dem 11. Januar 2025, verwandelte sich das Kulturschloss in Hamburg in einen Ort der Begegnung und des interkulturellen Austauschs. Anlass war eine besondere Doppel-Feier: Der Maghreb Haus e.V. beging in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Algerischen Kulturverein e.V. das traditionelle Amazigh-Neujahrsfest Yennayer 2975 und zelebrierte gleichzeitig sein zehnjähriges Bestehen. Diese einzigartige Kombination machte die Veranstaltung zu einem beeindruckenden Fest maghrebinischer Kultur und herzlicher Verbundenheit. Zahlreiche Gäste folgten der Einladung, darunter hochrangige Ehrengäste wie Seine Exzellenz, der Botschafter der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Herr Larbi El Hadj Ali, der Konsul der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Herr Manseur Ahcene, und der Konsul der Tunesischen Republik, Herr Nizar Jebabli.
Empfang und Begrüßung
Bereits ab 18:00 Uhr wurden die Gäste mit traditionellem Pfefferminztee als Zeichen der Gastfreundschaft im festlich geschmückten Kulturschloss empfangen. Die warme und einladende Atmosphäre bot den perfekten Rahmen für anregende Gespräche und erste Begegnungen. Amir Hallouane führte als charmanter und professioneller Moderator durch den Abend und gab den Anwesenden einen prägnanten Überblick über das abwechslungsreiche Programm.
Offizielle Ansprachen und Grußworte
Nach der Begrüßung hieß Dr. Djelloul Aroui, Vorsitzender des Maghreb Hauses und Deutsch-Algerischen Kulturvereines, die Ehrengäste herzlich willkommen und dankte den Ehrengästen für ihre Anwesenheit und Unterstützung. In seiner Ansprache betonte er die tiefe Bedeutung von Yennayer als Symbol für den Kreislauf des Lebens, die Verbundenheit mit der Natur und die Kontinuität der maghrebinischen Kultur. Er hob die zentralen Werte der Amazigh-Kultur – Gastfreundschaft, Toleranz und Respekt vor der Umwelt – hervor und dankte den engagierten Künstlern und Musikern (El-Kelaa Ensemble, Malik Mé und seine Zahratou Walet) sowie dem gesamten Organisationsteam um Jutta Höflich, Amir Hallouane, Mourad Bekakcha, Youcef Badjadi. Sein besonderer Dank galt seiner Frau Naziha Aroui, die mit ihren traditionellen Gerichten und ihrer Unterstützung bei den Vorbereitungen maßgeblich zum Gelingen des Abends beitrug. Mit den traditionellen Neujahrswünschen „Assguass Amggaz! Assguass Ambarki!“ übergab Dr. Aroui das Wort an Seine Exzellenz, Herrn Botschafter Larbi El Hadj Ali.
Botschafter Larbi El Hadj Ali übermittelte im Namen der algerischen Botschaft in Berlin herzliche Glückwünsche zum neuen Jahr und bedankte sich beim Maghreb Haus und dem Deutsch-Algerischen Kulturverein für die Einladung. Er würdigte Yennayer als festen Bestandteil der algerischen Identität und Kultur und verwies auf die offizielle Anerkennung des Festes in Algerien seit 2018.. Der Botschafter betonte zudem die Bedeutung der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls innerhalb der algerischen Gemeinde in Deutschland und die Notwendigkeit, das kulturelle Erbes, insbesondere der drei Grundpfeiler “Islam, Arabität und Amazighität”, zu bewahren.
Auch der tunesische Konsul, Herr Nizar Jebabli, sprach den Anwesenden seine Glückwünsche aus und bedankte sich für die Einladung. Er lobte das Engagement von Dr. Djelloul Aroui für die Förderung der maghrebinischen Gemeinschaft und betonte die reiche Vielfalt und Toleranz der gemeinsamen maghrebinischen Identität sowie das harmonische Zusammenleben der Kulturen in der Region. Er gratulierte den Amazigh-Gemeinschaften und wünschte ihnen Frieden, Harmonie und Wohlstand für das neue Jahr.
Kulturelle Darbietungen und Präsentationen
Ein zentraler Bestandteil des Abends war die facettenreiche Präsentation der nordafrikanischen Kultur. Das El-Kelaa Ensemble eröffnete den Abend mit einer mitreißenden musikalischen Reise durch den Maghreb. Mit den charakteristischen Klängen des algerischen Chaâbi und weiteren traditionellen Melodien begeisterten sie das Publikum, indem sie Werke legendärer Künstler wie Amar Azzahi und Kamel Messaoudi auf eindrucksvolle Weise interpretierten. Durch die harmonische Verschmelzung von traditionellen und modernen Klängen schuf das Ensemble eine einzigartige Erfahrung, die die kulturelle Vielfalt und die emotionale Tiefe der algerischen Chaâbi-Musik in ihrer ganzen Pracht erlebbar machte. Die talentierten Musiker aus Algerien kombinierten meisterhaft traditionelle Instrumente wie Mandola, Tar und Derbouka mit modernen Klängen von Gitarre und Banjo. So gelang es ihnen, authentische Rhythmen und Melodien mit zeitgenössischem Flair zu vereinen und ein eindrucksvolles musikalisches Kaleidoskop zu schaffen.
Dr. Djelloul Aroui präsentierte im Anschluss einen informativen Vortrag über die kulturelle und historische Bedeutung von Yennayer. Er erläuterte den Bezug zum Berberkalender (2975) und erinnerte an den berberischen Pharao Scheschonq I. Er betonte die Bedeutung des Festes für die Stärkung von Gemeinschaft, Geschichte und Identität und würdigte bedeutende Persönlichkeiten, die die Geschichte des Maghreb prägten und das europäische sowie Weltkulturerbe bereicherten: Hannibal Barkas, Juba II, Augustinus von Hippo, Fatima Al-Fihri, Ibn Arabi, Sidi Boumediene, Averroes (Ibn Rushd), Ibn Khaldoun, Leo Africanus, Emir Abdelkader und Cheikh Khaled Bentounes.
Die Kunst der Erzählung spielte ebenfalls eine bedeutende Rolle: Mourad Bekakcha entführte das Publikum mit zwei fesselnden Märchen aus dem Maghreb – „Der Kaufmann und der Papagei“ und „Der wundersame Granatapfelbaum“. Diese Erzählungen behandelten auf poetische Weise Werte wie Freiheit, Weisheit, Vergebung und Demut. Ein weiteres Märchen, „Das Gebet“, vorgetragen von Naziha Aroui, thematisierte die Bedeutung von Spiritualität und einer authentischen, individuellen Gottesbeziehung. Begleitet wurden sie von der eindrucksvollen Perkussion von Khayrullo Dadoboev, der auf verschiedenen Instrumenten spielte, darunter die Handpan/Hang, die Frame Drum und die Doyra. Zusammen mit der musikalischen Begleitung schufen diese Erzählungen eine zauberhafte Atmosphäre und nahmen das Publikum mit auf eine Reise in die Welt der orientalischen Geschichten.
Malik Mé präsentierte sein Kunstprojekt “Bab Dzair”, eine Miniaturreise, die das maurische Erbe mit moderner Kreativität verband. Inspiriert von den Ornamenten algerischer Baukunst – filigrane Türen, Fenster und Arkaden – verbindet er das reiche maurische Erbe mit zeitgenössischer Kreativität. Seine beeindruckenden Miniaturmodelle erzählen Geschichten von Tradition und Innovation und laden dazu ein, die Schönheit algerischer Baukunst neu zu entdecken.
Zahratou Walet, eine stolze Touareg-Frau, öffnete ihr Herz und ihre private Schmucksammlung, um uns in die faszinierende Welt der Touareg einzuladen – tief verwurzelt in der Magie der Wüste. Ihre liebevoll handgefertigten Schmuckstücke vereinen Geschichte, Tradition und zeitlose Eleganz. Einige dieser Schätze sind über 200 Jahre alt und tragen die Geschichten ihrer Herkunft in sich. Jedes Stück erzählt von der tiefen Verbundenheit der Touareg mit ihrer Heimat und lässt uns ihre reiche Kultur hautnah erleben. Malik Mé entführte uns mit seiner Präsentation auf eine ebenso inspirierende Reise. Mit Charme und Leidenschaft brachte er uns den kulturellen Reichtum der Touareg näher: ihre kunstvollen Schmucktraditionen, die geheimnisvolle Schrift Tifinagh, die historische Stadt Djanet als Oase von Geschichte und Kultur sowie die alten Felsmalereien im Tassili n’Ajjer. Zusammen mit den Legenden über die Schleier der Touareg-Männer öffneten sie ein Fenster in die spirituelle und kulturelle Tiefe eines Volkes, das seit Jahrhunderten für seine Weisheit, Eleganz und Kunstfertigkeit bewundert wird.
Kulinarische Genüsse und Ausstellungen
Zwischen den kulturellen Darbietungen und im weiteren Verlauf des Abends wurden die Gäste mit einer Auswahl an traditionellen maghrebinischen Köstlichkeiten verwöhnt. Besonders hervorgehoben wurde das Couscous, das seit 2020 als immaterielles UNESCO-Kulturerbe des Maghreb anerkannt ist. Ergänzt wurde das Couscous durch traditionelle Gebäcksorten, die für ihre süße Vielfalt und die liebevolle Zubereitung geschätzt werden. Als besonderes Highlight erhielten die Gäste eine traditionelle Yennayer-Mischung, zart und liebevoll in kleinen Beuteln verpackt – ein Symbol der Freude, des Teilens und des kulturellen Zusammenhalts. Diese warme Geste trug dazu bei, die festliche Atmosphäre zu bereichern und verstärkte die Botschaft der Gemeinschaft und des Miteinanders, die den Abend auf so schöne Weise prägte.
Gleichzeitig wurde eine Kunstausstellung des algerischen Künstlers Mourad Tbarha gezeigt, der mystische Wüstenlandschaften mit einer einzigartigen Mischung aus Licht, Schatten und kräftiger Farbgebung darstellt. Tbarha fängt die Schönheit und Geschichte seiner Heimatregion ein, indem er Abstraktion und Realismus meisterhaft verbindet. Seine Werke laden den Betrachter ein, die tiefgründige Natur und Kultur der Wüste in ihrer vollen Tragik und Schönheit zu erleben.
10 Jahre Maghreb Haus e.V. – Ein Rückblick und Ehrungen
Im Rahmen des Jubiläums blickte Jutta Höflich auf die zehnjährige Geschichte des Maghreb Hauses zurück und hob wichtige Projekte hervor, wie den Stammtisch der Kulturen, die Teilnahme an den Arabischen Kulturwochen in Hamburg, die Maghreb Kulturtage und das Konzert für Toleranz sowie das jährliche Yennayer-Fest und das gemeinsame Fastenbrechen. Besonders hervorgehoben wurde dabei das unermüdliche Engagement des Vereins für den interkulturellen Dialog und die Vermittlung der reichen Geschichte und vielfältigen Kultur des Maghreb.
Im Rahmen der Feierlichkeiten wurden Ehrungen für herausragende Unterstützung und Engagement im Bereich des interkulturellen Austauschs ausgesprochen. Seine Exzellenz, der Botschafter der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Herr Larbi El Hadj Ali, der Konsul der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Herr Manseur Ahcene, sowie der Konsul der Tunesischen Republik, Herr Nizar Jebabli, wurden für ihre Teilnahme und ihre kontinuierliche Unterstützung des Maghreb Hauses geehrt.
Darüber hinaus erhielten auch die Kooperationspartner, wie das Kulturschloss, einige Migrantenorganisationen sowie Mitglieder und Unterstützer des Maghreb Hauses Anerkennungszertifikate und kleine Geschenke als Zeichen der Wertschätzung für ihren wertvollen Beitrag und ihre engagierte Unterstützung. Auch die Mitglieder des neugegründeten Deutsch-Algerischen Kulturvereins e.V. wurden für ihr Engagement in der Förderung der algerischen Kultur und der kulturellen Vielfalt geehrt.
Fazit
Die Yennayer-Feier 2975 im Kulturschloss war ein rundum gelungenes Fest, das Tradition, Jubiläum und interkulturelle Begegnung auf harmonische Weise vereinte. Die Veranstaltung bot den Gästen eine vielfältige und bereichernde kulturelle Erfahrung und würdigte zugleich die zehnjährige erfolgreiche Arbeit des Maghreb Hauses im Bereich des interkulturellen Dialogs und der Völkerverständigung. Der Abend war ein großer Erfolg und trug maßgeblich dazu bei, die reiche nordafrikanische Kultur einem breiten Publikum näherzubringen.
Wir bedanken uns herzlich bei allen, die dazu beigetragen haben, dieses wunderbare Event möglich zu machen und die Kultur des Maghreb zu feiern.
Dr. Djelloul Aroui