November-Stammtisch der Kulturen im Zeichen des Lachens – “Der Humor der Ägypter” mit Dr. Mohammed Khalifa (Universität Hamburg)
Die Libanesen sind in der arabischen Welt für ihre exquisite Küche berühmt, die Palästinenser für ihren Kampfgeist und die Syrer für ihre fingerfertigen Kunsthandwerker. Doch wenn es um die besten Witze geht, so würde es kaum ein Araber wagen, den Ägyptern den ersten Platz streitig zu machen. Warum ? – das Maghreb Haus wollte es genauer wissen und lud den aus Kairo stammenden Dr. Mohammed Khalifa zum Stammtisch der Kulturen am 10. November ins Kulturschloss Wandsbek ein. Dr. Mohammed Khalifa unterrichtet seit 2002 klassisches Hocharabisch, Ägyptisch-Arabisch und arabische Landeskunde an der Universität Hamburg in der Abteilung Geschichte und Kultur des Vorderen Orient.
Unter dem Titel „Der Humor der Ägypter“ berichtete der Dozent dem Publikum, dass man sich schon zu Zeiten der Pharaonen entlang des Nils mit Scherzen bei Laune hielt, wie despektierliche Pharaonen-Darstellungen und andere Karikaturen beweisen. Mit «Bes», der halb Zwerg und halb Löwe war, hatten die alten Ägypter sogar einen eigenen Hausgott für Frohsinn. „Wahrscheinlich haben die Ägypter so viel Humor, weil es ihnen so schlecht geht“, mutmaßte der Referent. Schließlich sagt ein arabisches Sprichwort „Die Misere bringt uns zum Lachen“. Keine Frage, das Lachen stärkt das Gemeinschaftsgefühl und hilft auch den Ägyptern von heute, mit den vielen Widersprüchen ihrer Gesellschaft zu leben. Und davon gibt es in dem Land am Nil, wo bittere Armut und protziger Reichtum, islamischer Fundamentalismus und westlicher Lebensstil so nahe beieinander existieren, reichlich.
Betrachten wir jedoch zunächst den Ursprung des Humors. Im Koran (Vers 53; 44-45) heißt es über den Schöpfer „Er ist es, der zum Lachen und zum Weinen bringt, und Er ist es, der sterben lässt und wiederbelebt.“ Somit wurde das Lachen dem Leben und das Weinen dem Tod gegenübergestellt.
Wissenschaftlich betrachtet dient Humor – auf arabisch fukaka – der Belustigung und Unterhaltung der Menschen und wird je nach Verständnis in die Kategorien Witz, Satire, Karikatur und Spott eingeteilt. Der islamische Gelehrte al-Isfahan (gest. 1109) schrieb, dass Lachen zu den Besonderheiten des Menschen gehört und zwar darum, weil es aus Verwunderung erfolgt, und Verwunderung nur aus Nachdenken erfolgt, und das Denken unterscheidet den Menschen von den Tieren. Das Humorverständnis findet sich nach dem berühmten deutsch-amerkianischen Orientalisten Franz Rosenthal (1914-2003) auch in der muslimischen Literatur wieder. Interessanterweise definieren frühere muslimische Autoren keinen exakten Humorbegriff, stattessen diskutieren sie die psychologischen Ursachen des Lachens. Die berühmteste Narrenfigur in der muslimischen Welt ist Goha aus dem 13./14. Jahrhundert, das Pendant zu Till Eulenspiegel. Seine Witze erzählt man sich bis in die Gegenwart; oft dienen sie als Einstieg für ernsthafte Gespräche dienen. Bei allem Sinn für Humor gilt es jedoch Vorsicht zu wahren. Bereits der persisch islamische Theologe, Philosoph und Mystiker Ghazali (1058-1111), der bis heute zu den bedeutendsten religiösen Denkern des Islams zählt, mahnte die Verantwortung an, die man für das trägt, was man sagt. Lachen und Scherzen erfordert Taktgefühl, damit man nicht versehentlich andere verletzt.
Neben den traditionell sehr beliebten Scherzen über die Bewohner Öberägyptens (Saidis), die in der ägypttischen Lachkultur eine ähnliche Rolle spielen wie die Ostfriesen in Deutschland, haben politische Witze Hochkonjunktur. Dies machte der Referent anhand diverser Protestplakate, die ihm der anwesende Khaled Suleiman, während des Arabischen Frühlings direkt vom Tahrirplatz schickte. Und auch über die aktuelle Regierung sowie insbesondere das Gesundheitssystem scherzen die Ägypter oft und gerne.
Abschließend zeigte der Referent den WDR-Film „Sprachprobleme“, der deutlich machte, zu welchen belustigenden Irrtümern die falsche Aussprache eine Sprache führen.
Anschließend wurde Spezialitäten aus Ägypten, Bamia (ein Gericht aus Okraschoten) und Mulukhiyah (grüne Suppe aus der Blätter der langkapseligen Jute), serviert und dabei weiter gelacht, die liebevoll von dem Ägypter Sayid zubereitet wurden. Für den musikalischen sorgten der Tunesier Adam Saidani, der Iraker Ali Shibly und der junge Musiker Ahmed Musel aus den Irak. Die große Überraschung war der junge Musiker Samy Saidani (Sohn von Adam Saidani), der spontan und hervorragend klavier gespielt hat.
Das Maghreb Haus e.V. bedankt sich ganz herzlich für die Unterstützung beim Bezirksamt Wandsbek und Kulturschloss Wandsbek und bei allen Mitwirkenden und Helfern für das gute Gelingen dieser schönen Veranstaltung.
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