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Im Rahmen der Maghreb-Kulturtage 2018 vom 11.12. bis 15.12. mit dem Ziel, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen und Menschen mit einem vielseitigen Veranstaltungsangebot über maghrebinische Kultur zusammenzuführen, fanden gleich zwei Märchenlesungen der besonderen Art statt. Dabei begeisterte der in Algerien geborene und heute in Baden-Württemberg lebende Märchenerzähler Naceur-Charles Aceval das Publikum mit Geschichten aus der Welt der Nomaden und Beduinen, während der aus Tunesien stammende Multiinstrumentalist Adam Saidani mit seiner Oud, Geige und Flöte für die musikalische Umrahmung sorgte.

Heiliger Couscous – Märchen aus dem Nomadenzelt

Das Motto des Märchenabends am 14. Dezember gab Naceur-Charles Aceval selbst vor: “Märchen sind in meiner Kultur etwas Besonderes. Genauso wie das traditionelle Couscous bei uns im Maghreb einen besonderen, ‘heiligen’ Charakter hat, und als Opfergabe zu besonderen Anlässen gegeben wird, so gilt auch für das Erzählen von Märchen: sie sind ein Geschenk, eine Opfergabe!”

“Couscous Royal” mit sieben Gemüsearten und sieben Gewürzmischungen

Und so durften die Gäste in den schönen Räumen von „Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg e.V.“ an der Wandsbeker Chaussee 8 gleich beides erleben: Frau Nezha Aroui hatte einen “Couscous Royal” mit sieben Gemüsearten und sieben Gewürzmischungen sowie Gebäck und Pfefferminztee vorbereitet. Passend dazu tischte Aceval den Gästen Geschichten aus dem Maghreb auf. Für die entsprechende Atmosphäre sorgten typische Dekostücke – ein orientalischer Wandbehang, die Flaggen von Algerien, Marokko und Tunesien sowie schöne handangefertigte Kerzenlampen aus Marokko. Und während Pfefferminztee, Couscous und Gebäck auf den Verzehr warteten, entführte Adam Saidani die Gäste mit der Oud in die Klangwelt des Maghreb. Anschließend begrüßte der Vorsitzende von Maghreb Haus e.V. und gebürtige Algerier Dr. Djalel Aroui die Interessierten und stellte die beiden Akteure vor.

Lass es weiterreisen das Wort!

Nun war es Zeit für den Märchenerzähler Naceur-Charles Aceval, die Bühne zu betreten. Um den Geist der Worte zu beschwören, begann der Erzählkünstler mit einigen Sätzen in seiner Muttersprache – Algerisch. Anschließend begrüßte er die zahlreich erschienenen Gäste mit der deutschen Übersetzung:

“Überall wo Menschen sind, lebt das Wort und reist mit ihnen. Menschen die Geschichten erleben, erzählt oder gehört haben kommen und gehen. Allein das Wort bleibt, reist und erreicht immer sein Ziel. Und wenn die Menschen längst fort sind, so lebt das Wort weiter und die Erzählungen reisen mit anderen Menschen. So ist das Wort heute zu Euch gekommen. Bewahrt es in Euren Herzen und erzählt es weiter, Euren Geschwistern, Euren Freundinnen und Freunden und Verwandten. Lasst es weiterreisen, das Wort! “Hört, damit die Geschichte weiterreisen kann! Hört, damit das Wort nicht stirbt!”

Alsbald zog Aceval das Auditorium mit seiner warmen, ruhigen Stimme und dem exotischen Akzent in seinen Bann. So erzählte er vom Hutmacher, der unter einem Mangobaum einschlief und feststellen musste, dass auch Affen seine Produkte schätzen, oder das poetische Märchen von der Sternenfrau, die den Vertrauensbruch durch ihren Ehemann nicht ertragen konnte und seither nie wieder auf der Erde gesehen war. Begeistert aufgenommen wurde auch das Märchen vom findigen jüdischen Wasserträger, der dem Strang als Strafe für den Diebstahl eines Leibes Brots nur durch seine Weisheit entkam. Berührt zeigten sich die Gäste auch von der Geschichte vom Mädchen und dem Löwen, das die Tiefe und Unheilbarkeit der durch Worte verursachten Verletzungen der Seele beschreibt. Schlussendlich enthielt jedes Märchen eine Weisheit, überbrachte eine Botschaft oder beeindruckte mit seinem eigenen Charme.

Märchen aus dem Maghreb für Schulkinder

Am 12. Dezember war Naceur-Charles Aceval bereits zu Gast an der Schule am Eichtalpark in Hamburg. Für eine Stunde entführte er Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Lehrer in eine andere Welt. Der gebürtige Algerier gab einen Einblick in das Leben der Nomaden und begeisterte mit Märchen, die ihm als kleiner Junge seine Großmutter erzählt hatte. Geschichten, die nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen, den Weg weisen und berühren. Die Kinder lauschten von Anfang bis Ende gebannt zu, stellten viele Fragen und bewunderten besonders die Vielfalt der Märchen. Begleitet wurde er diesmal auch musikalisch von Adam Saidani.

Zum Abschluss der Entführung in eine magische Welt gab der Märchenerzähler ein Rätsel auf: “Der Windhauch ist mein Feind, wenn ich jung bin, bin ich groß, wenn ich alt bin, bin ich klein, die Nacht sieht meinen hellen Schein.” Eine kniffelige Aufgabe, deren Lösung die Kerze ist.

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